Kugelsternhaufen Messier 22 & NGC 6642
Geschichte
Messier 22 zählt zu den prächtigsten Kugelsternhaufen des gesamten Himmels und übertrifft an Größe und Helligkeit gar M 13 im Sternbild Herkules. M 22 wird lediglich noch von ω Centauri und 47 Tucanae übertroffen.
Die Entdeckung von M 22 wird oft dem obskuren deutschen Astronomen Abraham Ihle im Jahre 1665 zugeschrieben. Nahezu nichts scheint über Ihle bekannt zu sein. Es wurde sogar angenommen, dass der Name ein Fehldruck von «Hill» sei. Admiral Smyth erwähnte die Tatsache, dass Abraham Hill ein Mitglied des ersten Rats der British Royal Society war und sich nur oberflächlich mit Astronomie befasste. Hevelius schien den Haufen noch vor 1665 bemerkt zu haben. Halley erwähnte M 22 im Jahre 1716 und LeGentil beobachtete ihn 1747 mit einem Teleskop von 18 Fuß Brennweite und beschrieb ihn als «sehr unregelmäßig, langhaarig und eine Art Lichtstrahlen in alle Richtungen verstreuend». 1752 verglich Lacaille M 22 mit dem Kern eines Kometen und Messier sah schließlich 1764 das 22. Objekt seiner Liste als «runden Nebel ohne Sterne in der Nähe von 25 Sagittarii».
Wilhelm Herschel war seinerzeit der erste, der in M 22 einen dichten Haufen schwacher Sterne erkannte. Sein Sohn John beschrieb ihn als einen «prächtigen Kugelsternhaufen, graduell zum Zentrum hin heller werdend, sich jedoch nicht zu einem Kern verdichtend. Alle Sterne besitzen zwei Helligkeiten: 10./11. und 15. Größe, wie eine Schale über der anderen. Größere Sterne erscheinen rötlich.»
Physikalische Eigenschaften
M 22 ist einer der am einfachsten aufzulösenden Kugelsternhaufen. Die Population wird auf etwa eine halbe Million Sterne geschätzt. Die Form von M 22 ist elliptisch. Entlang der langen Achse befinden sich etwa 30% mehr Sterne als entlang der kurzen Achse. Die lange Achse zeigt in Richtung Positionswinkel 25°. Im Haufen wurden mindestens 32 kurzperiodisch veränderliche Sterne des RR-Lyrae-Typs gezählt. Einige längerperiodische des Mira-Typs scheinen nicht echte Mitglieder dieses Haufens zu sein.
Ohne Zweifel handelt es sich bei M 22 um einen der am nächsten gelegenen Kugelsternhaufen und liegt wesentlich näher als jeder Haufen des nördlichen Himmels. Das Licht von M 22 wird durch interstellares Material um etwa 1.8 Magnituden geschwächt, was eine genaue Entfernungsmessung schwierig gestaltet. Dies berücksichtigt, wird die Entfernung auf etwa 9600 bis 10'000 Lichtjahre geschätzt. Den wahren Durchmesser des Haufens zu bestimmen, ist auch wegen der vielen feinen Sterne ebenfalls nicht leicht zu bestimmen. Vermutlich misst der Haufen etwa 50 Lichtjahre im Durchmesser. M 22 liegt ebenfalls nahe der galaktischen Hauptebene und nur ein Grad von der Ekliptik entfernt, so dass der Haufen ab und zu mit einem Hellen Planet im selben Blickfeld gesehen werden kann. [4]
Mittels des Hubble Weltraumteleskops wurde von Kailash Sahu (Space Telescope Science Institute, Baltimore, MD) und seinen Kollegen im Zeitraum vom 22. Februar bis 15. Juni 1999 83'000 Sterne in der Kernregion des Kugelsternhaufens auf Mikrolensing-Effekte untersucht. Ein Mikrolensing-Effekt entsteht, wenn das Licht eines Hintergrundsterns kurzzeitig durch das Schwerefeld eines im Vordergrund vorbeiziehenden Körpers fokussiert und dadurch heller wird. Ein solches Ereignis konnte während des Beobachtungszeitraums einem braunem Zwergstern von etwa einem Zehntel der Masse der Sonne zugewiesen werden. Der Hintergrundstern wurde dadurch über eine Periode von 18 Tagen um den Faktor 10 heller und kehrte zu seiner normalen Helligkeit zurück. Es wurden von Sahu und seinem Team aber noch sechs weitere unerwartete Ereignisse entdeckt, bei denen ein Hintergrundstern nur um den Faktor 2 für weniger als 20 Stunden anstieg und wieder abfiel. Das heißt, dass das Vordergrundobjekt wesentlich kleiner als ein normaler Stern sein musste. Die Masse wurde auf etwa 80 Erdmassen berechnet. Es könnte sich hierbei um Waisenplaneten handeln, die von ihrem Mutterstern entrissen wurden. Es wird geschätzt, dass sie etwa 10 Prozent der ganzen Masse des Kugelsternhaufens ausmachen. Zu zahlreich für wandernde Planeten. Um was handelt es sich dabei? Weitere Untersuchungen sind notwendig, um das zu klären. [242]
Bezeichnung | NGC 6656 |
Typ | GCL (VII) |
Rektaszension (J2000.0) | 18h 36m 24.2s |
Deklination (J2000.0) | -23° 54' 10" |
Durchmesser | 32 arcmin |
Visuelle Helligkeit | 5.2 mag |
Metrische Entfernung | 3.200 kpc |
Dreyer Beschreibung | !!, globular, vB, vL, R, vRi, vmC, st 11…15 |
Identifikation, Anmerkungen | h 2015=3753; GC 4424; M 22; GCL 99; ESO 523-SC4 |
Kugelsternhaufen NGC 6642
Am 7. August 1784 entdeckte Wilhelm Herschel eine «schwache Nebelwolke», die er als II 205 aufführte und als «ziemlich hell, beträchtlich groß, unregelmäßig ausgedehnt, heller in der Mitte» beschrieb. [463] Sein Sohn John Herschel beobachtete den Kugelsternhaufen zum ersten Mal am 1. Juli 1826 (Sweep 30) von Slough in England und erneut am 28. Juli 1830 (Sweep 275), wo er ihn als h 2012 aufführte und schrieb: «Ein schöner kleiner Kugelsternhaufen aus extrem winzigen Sternen, 60" Durchmesser; in der Dämmerung gesehen. Er muss ziemlich hell sein, wenn man ihn in der dunklen Nacht sieht. (Himmel sehr klar.)» [466] Später, vom Kap der Guten Hoffnung aus, führte er ihn am 27. Juni 1837 (Sweep 793) als h 3749 auf und protokollierte: «Kugelsternhaufen; ziemlich hell; rund; allmählich in der Mitte deutlich heller; 2'; in sichtbare, aber sehr schwache kleine Sterne 15...16 m aufgelöst.» [11]
Bezeichnung | NGC 6642 |
Typ | GCL (IV) |
Rektaszension (J2000.0) | 18h 31m 54.3s |
Deklination (J2000.0) | -23° 28' 33" |
Durchmesser | 5.8 arcmin |
Visuelle Helligkeit | 8.9 mag |
Metrische Entfernung | 8.100 kpc |
Dreyer Beschreibung | globular, pB, pL, iR, gpmbM, rrr, st 16 |
Identifikation, Anmerkungen | WH II 205; h 2012=3749; GC 4414; GCL 97; ESO 522-SC32 |
Auffindtipp für Messier 22
M 22 ist einfach zu finden. Er befindet sich im Sternbild Schützen (Sagittarius), etwa 2.5° nordöstlich des Sterns Kaus Borealis (λ Sagittarii, 2.82 mag). Er kann am besten in den Monaten Mai bis September beobachtet werden. Dann steht das Sternbild am höchsten über dem Südhorizont.
Visuelle Beobachtung
400 mm Öffnung: M 22 zeigt sich als wunderschöner Kugelsternhaufen, bestehend aus groben und feine Sternchen bis hin in den Zentralbereich. Es lohnt sich so weit zu vergrössern, dass der Kugelsternhaufen das ganze Blickfeld ausfüllt. — 400 mm f/4.5 Taurus Dobsonian, Falera, 6. 9. 2024, Bernd Nies