Krebsnebel (Messier 1)
Objektbeschreibung
Messier 1 gehört zu den auffallendsten und sowohl historisch als auch physikalisch am besten dokumentiertesten bekannten Supernova-Überresten. Er wird oft auch als der Rosette-Stein der Astronomie bezeichnet, da er als Schlüsselobjekt zum Verständnis zahlreicher Supernovae und anderer Phänomene dient.
Die Chroniken des mittelalterlichen Chinas enthalten einen interessanten Bericht über einen «Gaststern», der am 4. Juli 1054 unserer Zeitrechnung in der Nähe von ζ Tauri erschien. Nach diesem Bericht war dieser neue Stern so hell wie die Venus, leuchtete in rötlich-weißem Licht und konnte sogar tagsüber während 23 Tagen von bloßem Auge gesehen werden. Dieser neue Stern war noch während zwei Jahren sichtbar. Von anderen Völkern, wie z.B. den Indianern Nordamerikas, sind ähnliche Berichte und auch Felszeichnungen der Mondsichel mit einem hellen Stern daneben bekannt. In Europa gibt es keine Aufzeichnungen über diese Supernova, vermutlich da die dort vorherrschende katholische Kirche des Mittelalters Ereignisse dieser Art nicht duldete. Seltsam, denn die Supernova von 1006 im Sternbild Lupus wurde von einem Schweizer Mönch in seinen zeitgenössischen Aufzeichnungen erwähnt. [4]
Der aus dieser mittelalterlichen Supernova entstandene, visuell etwa 8.2 mag helle Nebel wurde erstmals vom englischen Physiker und Amateurastronomen John Bevis im Jahre 1731 entdeckt. Rund 27 Jahre später, als Charles Messier die Rückkehr des Halleyschen Kometen im Jahre 1758 beobachtete, stieß er unabhängig von Bevis auf denselben Nebel. Beim Anblick des diffusen Nebelfleckes, der beinahe wie ein Komet aussah, kam Messier die Idee, einen Katalog zu verfassen, damit künftige Astronomen diese nicht mit Kometen verwechseln sollten. Lord Rosse bemerkte im Jahre 1844 erstmals die äußere Filamentstruktur des Nebels und verglich diese mit den Beinen eines Krebses, worauf er M 1 mit Krebsnebel bezeichnete. Freilich hatte noch keiner dieser Astronomen eine Ahnung, dass es sich hierum um den Überrest der 1054er Supernova handelte. [4]
Lange Zeit verging, bis C. O. Lampland vom Lowell Observatory 1921 eine Serie Fotoplatten des 42"-Reflektors studierte und ihm eine Bewegung im Innern des Nebels auffiel. Bald hatte er den Beweis erbracht, dass der Krebsnebel langsam expandiert. Die Expansionsgeschwindigkeit des Nebels variiert in verschiedenen Bereichen, durchschnittlich beträgt sie etwa 0.2 Bogensekunden pro Jahr. Da es sich bei M 1 um ein sehr irreguläres Objekt handelt, ist es nicht ganz einfach, die Entfernung des Nebels und daraus die Expansionsgeschwindigkeit und das Alter zu ermitteln. Bei einer ungefähren Entfernung von etwa 5400 bis 7000 Lichtjahren und einer enormen Expansionsgeschwindigkeit von 1'800 km/s berechnete man ein mögliches Alter des Nebels von ungefähr 900 Jahren. Der berechnete Durchmesser von M 1 beträgt ungefähr 10 Lichtjahre. [4]
Später vermutete man aufgrund dieser hohen Expansionsgeschwindigkeit einen Supernova-Überrest, zumal die Theorie über Supernovae und Neutronensterne etwa in den dreißiger Jahren populär wurde. Obwohl dieser SNR (SuperNova Remnant) mit dem chinesischen «Gaststern» von 1054 identifiziert wurde, fehlte der letzte Beweis - der Neutronenstern.
1948 wurde der Krebsnebel erstmals als eine starke Radioquelle identifiziert und 1963 entdeckte man schließlich mitjilfe einer Höhenrakete auch Röntgenstrahlung. Die Energie der Röntgenstrahlung beträgt etwa hundertmal mehr als die der emittierten visuellen Strahlung.
Anhand zahlreicher Aufnahmen durch einen Polarisationsfilter mit dem 200"-Reflektor auf dem Mt. Palomar wurde 1954 festgestellt, dass der Krebsnebel in unterschiedlichen, relativ symmetrischen Bereichen mit anders polarisiertem Licht leuchtet. Dies ließ auf starke Magnetfelder im Innern des Nebels schließen.
Im Jahre 1968 entdeckten Radioastronomen in Green Bank, West Virginia, einen 30-mal pro Sekunde rotierenden Pulsar im Zentrum des Krebsnebels. Der Ursprung für diese starken Magnetfelder war gefunden. Ein Jahr später wurde am Kitt Peak Observatory von Dr. Baade entdeckt, dass der Pulsar auch im visuellen Licht sichtbar ist. Ein supermassiver Stern, ein Neutronenstern, der letzte Beweis für die Identifizierung von M 1 als SNR war gefunden. Dieser Neutronenstern besitzt etwa 16 mag scheinbare Helligkeit und etwa +4.5 mag absolute Helligkeit - fast gleich hell wie unsere Sonne im visuellen Spektrum und das bei lediglich 10 km Durchmesser. [4, 103, 113, 118, 120]
Auf den Aufnahmen des Hubble Space Telescopes ist erkennbar, dass im Innern des Krebsnebels viel dynamischere Prozesse ablaufen, als bisher vermutet wurden. Der Nebel in unmittelbarer Umgebung des Pulsars ändert innert Tagen sein Aussehen. Strähnenförmige Strukturen bewegen sich etwa mit halber Lichtgeschwindigkeit vom Pulsar weg. Den Pulsar selbst umgibt ein stationärer Halo, der zeitweise seine Leuchtintensität ändert. Ebenso sind die Auswirkungen von zwei Polarjets sichtbar, die sich entlang der Rotationsachse um den Pulsar herumbewegen. Die Eigenschaft mit der größten Dynamik ist ein kleiner Knoten, der derart herumtanzt, dass er den Spitznamen Kobold erhielt. [121, 127, 170]
Bezeichnung | NGC 1952 |
Typ | SNR |
Rektaszension (J2000.0) | 05h 34m 31.9s |
Deklination (J2000.0) | +22° 00' 52" |
Durchmesser | 6 × 4 arcmin |
Visuelle Helligkeit | 8.4 mag |
Metrische Entfernung | 2.001 kpc |
Dreyer Beschreibung | vB, vL, E 135° ±, vglbM, r |
Identifikation, Anmerkungen | h 357; GC 1157; M 1; LBN 833; Sh2-244; CED 53; Taurus A; Crab nebula |
Wie findet man den Krebsnebel?
Der Supernova-Überrest Messiers Nummer Eins liegt etwa ein Grad nordwestlich vom 3.0mag hellen Stern ζ Tauri entfernt, welcher das südlichere Horn des Stieres darstellt. Er ist durch diese besondere Lage einfach zu finden. Die beste Zeit M 1 zu beobachten ist August bis März, wenn das Sternbild Stier nachts am höchsten steht.