Schildkröten-Nebel (NGC 6210)
Geschichte
Dieser planetarische Nebel wurde erstmals am 22. März 1799 vom französischen Astronomen Jérôme Lalande aufgezeichnet. Für seinen Sternkatalog «Histoire céleste française», der 1801 erschien, vermaß er seine Position sehr genau. Leider hielt Lalande das Objekt für einen Stern, weshalb Dreyer Wilhelm Struve als Entdecker angab. Struve fand das Objekt im Jahre 1825, als er mit dem 9.6 Zoll f/17.8 Fraunhofer-Refraktor in Dorpat (Tartu) in Estland nach Doppelsternen suchte. Er fand insgesamt 13 NGC-Objekte, die er 1827 veröffentlichte. [196]
John Herschel beobachtete diesen planetarischen Nebel am 25. Mai 1830. Er katalogisierte ihn als h 1970 und notierte: «Struves fünfter Nebel in der Liste am Ende des Dorpat-Katalogs der Doppelsterne. Sehr hell, gleich einem Stern der Größe 8 oder 8.9. 8" Durchmesser und von einem gleichmäßigen Licht, aber mit sprudelnden und zerrissenen Rändern. Ein feines Objekt wie ein unscharfer Stern. Zwischen Wolken betrachtet. Struves Platz.» [466]
Physikalische Eigenschaften
Der sterbende Zentralstern des planetarischen Nebels NGC 6210 ist von einer komplizierten Struktur umgeben, die wie eine «Nautilus-Schale» aussieht. Die bemerkenswerten Merkmale dieses Nebels sind die zahlreichen Löcher in den inneren Hüllen, aus denen Materialstrahlen strömen. Diese Jets erzeugen säulenförmige Merkmale, die in die entgegengesetzte Richtung gespiegelt sind. Die zahlreichen Materialhüllen, die von dem sterbenden Stern ausgestoßen werden, verleihen diesem planetarischen Nebel seine seltsame Form. Die schwächere äußere Struktur ähnelt einer Meeresschildkröte. So kam der PN zu seinem Spitznamen «Schildkrötennebel».
Material, das von diesem Zentralstern weggeschleudert wird, strömt aus Löchern, die er in die Nautilusschale gestanzt hat. Mindestens vier Materialstrahlen sind zu sehen: ein Paar bei 6 und 12 Uhr und ein weiteres bei 2 und 8 Uhr. In jedem Paar liegen sich die Düsen direkt gegenüber, was ihre bipolare Natur veranschaulicht. Es wird angenommen, dass die Jets von einem schnellen Wind angetrieben werden – Material, das durch Strahlung des heißen Zentralsterns angetrieben wird. In der Innenschale umranden helle Ränder die durch diesen Wind entstandenen Fluchtlöcher. Dieser gleiche Wind scheint den markanten äußeren Jet in der gleichen Richtung entstehen zu lassen. Das Loch in der Innenschale wirkt wie eine Schlauchtülle und lenkt den Materialfluss.
NGC 6210 ist etwa 6.600 Lichtjahre entfernt. Der Nebel misst 1.6 Lichtjahre von der Spitze der schildkrötenförmigen Form bis zur Spitze des Bodens. Die innere Nautilusschale hat einen Durchmesser von etwa 0.5 Lichtjahren. [482]
Bezeichnungen | PN G043.1+37.7: NGC 6210, PK 43+37.1, ARO 5, EM* CDS 904;VV 82, VV' 143 |
Rektaszension (J2000.0) | 16h 44m 29s |
Deklination (J2000.0) | +23° 47' 48" |
Abmessungen | 16.2" (optisch) |
Radialgeschwindigkeit | -36.2 ± 1.1 km/s |
Expansionsgeschwindigkeit | 21.0 (O-III) 35.5 (N-II) km/s |
Z-Stern Bezeichnungen | AG +23 1564, AG82 216, BD +24 3048A, GCRV 9624, HD 151121, IDS 16403+23.59A, PLX 3808 |
Z-Stern Magnitude | B: 12.44, V: 12.66 |
Z-Stern Spektraltyp | O6, O(H) |
Entdecker | STRUVE 1827 |
Auffindkarte
Der planetarische Nebel NGC 6210 befindet sich im Sternbild Hercules. Die beste Beobachtungszeit ist in den Monaten März bis Oktober.
Visuelle Beobachtung
400 mm Öffnung: Im 21 mm Ethos Okular (85x) ist NGC 6210 auch ohne O-III Filter gut als verwaschener, unregelmäßiger Fleck erkennbar, der größer wird, wenn man vorbei schaut. Schaut man direkt auf den Nebel, ist der Zentralstern gut zu erkennen. Im 9 mm Nagler Okular (200x) zeigt der Nebel eine rechteckig bis ovale Form und eine leicht bläuliche Farbe. Die «Beinchen» der Schildkröte sind nicht zu erkennen. — 400 mm f/4.5 Taurus Dobsonian, Hasliberg, 18. 8. 2023, SQM 21.1, Bernd Nies
762 mm Öffnung: Der Planetarische Nebel zeigt eine bläuliche Farbe und eine rundlich-rechteckige Form ohne Nebelfilter im Ethos 13 mm Okular, wobei auch der Zentralstern gut und lange haltbar ist. Die Beinchen, welche dem Objekt den Namen Schildkrötennebel geben, sind in eine Richtung gut erahnbar und 180 Grad in der anderen Richtung nur indirekt als spitze bzw. schmale Strahlen sichtbar. Dies erst bei höherer Vergrößerung mit dem Nagler 7 mm. — 30" SlipStream-Dobson f/3.3, Hasliberg, 18. 8. 2023, Eduard von Bergen