Cirrusnebel (NGC 6960+)

NGC 6960+
NGC 6960+: Supernovaüberrest im Sternbild Schwan; Refraktor Takahashi FSQ-106ED f/5.0, SBIG STL-11000M, -20 °C, 10 Micron GM 2000 QCI Ultraportable; 33 x 5 min Baader-RGB-Filter (1x1); Gurnigelpass, 1600 m ü. M.; © 26. 9. 2011 Manuel Jung [45]
NGC 6960+
NGC 6960+: Der ganze Cirrusnebel erstreckt sich über einen Bereich von etwa 3°; TS Triplet APO 90, Reducer Photoline 0.79 (490mm / f5.44), SBIG ST-8300; 22L x 300sec 1×1, 21R, 21G, 21B 2×2 300sec; Berner Oberland; © 2018 Bernhard Blank, Dragan Vogel [32]

Geschichte

Der Cirrusnebel (auch Zirrennebel) ist wohl einer der faszinierendsten, grössten und schönsten Nebel des nördlichen Sternenhimmels und erhielt daher zahlreiche Namen: Bridal Veil Nebula (Brautschleiernebel) oder auch nur Veil Nebula und Cygnus Loop (Cygnus-Schleife). Die Bezeichnung Filamentary Nebula (faseriger Nebel) wird oft nur für den östlichen Teil NGC 6992 und die Bezeichung Network (Netzwerk-) oder Lacework Nebula (Spitzennebel) für den westlichen Teil NGC 6960 verwendet. Manchmal meint man damit aber auch sämtliche Nebelfetzen.

Der Cirrusnebel wurde 1784 von Wilhelm Herschel visuell mit seinem 18"-Spiegelteleskop entdeckt. Lange Zeit war die wahre Natur dieser Nebelfetzen noch unbekannt und sie erhielten unterschiedliche Nummern im New General Catalogue, wie auch im Index Catalogue. Es scheint, als ob die Numerierung später aufgegeben wurde, da zahlreiche unabhängig scheinende Nebelfetzen keine Bezeichnung mehr tragen.

Cirrusnebel
Cirrusnebel: NGC 6960 bei 52 Cygni; 500 mm Cassegrain 3625 mm f/7.2; SBIG STL11K; 90+15+15+15 min LRGB; Berner Oberland; © 2011 Radek Chromik [32]
Cirrusnebel
Cirrusnebel: Supernova-Überrest in Cygnus; 500 mm Cassegrain 3625 mm f/7.2; SBIG STL11K; 90+15+15+15 min LRGB; Berner Oberland; © 2011 Radek Chromik [32]
Cirrusnebel
Cirrusnebel: Supernova-Überrest in Cygnus; 500 mm Cassegrain 3625 mm f/7.2; SBIG STL11K; 90+30+30+30 min LRGB; Berner Oberland; © 2011 Radek Chromik [32]
Cirrusnebel
Cirrusnebel: Supernova-Überrest in Cygnus; 500 mm Cassegrain 3625 mm f/7.2; SBIG STL11K; 90+30+30+30 min LRGB; Berner Oberland; © 2011 Radek Chromik [32]
Cirrusnebel
Cirrusnebel: Das Pickering-Dreieck in der oberen Bildmitte. Unten rechts NGC 6960 bei 52 Cygni; Celestron RASA 11" f/2.22; ZWO ASI6200 Pro; Tentlingen; © 2020 Peter Kocher [33]
Cirrusnebel
Cirrusnebel: Der westliche Teil NGC 6960 bei 52 Cygni; Celestron RASA 11" f/2.22; ZWO ASI6200 Pro; Tentlingen; © 2020 Peter Kocher [33]

Physikalische Eigenschaften

Die visuell sichtbaren Teile des Cirrusnebels scheinen sich zu einer expandierenden Gaswolke mit etwa 3° scheinbarem Durchmesser zusammenzufügen. Die genaue Entfernung zu bestimmen ist schwierig. Man findet Werte von 1300 bis 2500 Lichtjahren, vermutlich liegt sie nahe bei 1500 Lichtjahren. Bei dieser Entfernung besitzt der gesamte Nebel einen Durchmesser von etwa 70 Lichtjahren.

Dieser Supernovaüberrest expandiert jährlich um 0.06" in eine Region mit interstellarem Gas und Staub hinein und schiebt so das interstellare Material vor sich her. Der Himmel innerhalb dieses Bogens scheint sichtbar klarer zu sein und besitzt mehr feine Sterne als ausserhalb, was in der Region beim hellen Stern 52 Cygni deutlich sichtbar ist. Demzufolge ereignete sich die Supernova vermutlich vor 30'000 bis 40'000 Jahren.

Der Cirrusnebel ist, wie alle anderen bekannten Supernovaüberreste, eine Quelle von Radiostrahlung, aber wesentlich schwächer als der bekannte Krebsnebel in Taurus, dessen Alter erst 900 Jahre ist. Die Radiostrahlung vom Cirrusnebel wurde erstmals von D. Walsh und R. H. Brown am Jodrell Bank Observatorium in England entdeckt.

Der Grund für das Leuchten des Nebels scheint noch ein Mysterium zu sein. Spektalanalysen zeigten, dass das Licht fluoreszierend ist und die einzelen Gasschwaden unterschiedliche Temperaturen von 10'000 bis 60'000 Kelvin besitzen. Doch weder der den Nebel anregende Stern wurde identifiziert, noch zeigt ein Stern in der Nähe des Zentrums des Bogens irgendwelche post-novaischen Charakteristika. Vermutlich ist die Post-Nova ein enger Begleiter eines Sterns nahe dem scheinbaren Zentrum des Cirrusnebels.

Der westliche Teil des Cirrusnebels, NGC 6960, scheint am 4.3 mag Stern 52 Cygni vorbeizudriften, doch der Stern ist als Vordergrundobjekt bekannt und hat keine Verbindung zum Cirrusnebel.

Diese Faserstruktur ist die besondere Eigenart dieses Nebels und konnte noch nicht vollständig erklärt werden. Die Dicke einer solchen typischen Faser variiert von 500 bis 700 AU bis zu 2000 AU, oder etwa 1" bis 5". Es ist möglich, dass diese schmalen Filamente in Wahrheit dünne leuchtende Flächen sind, welche wir von der Seite her betrachten. Eine solche Fläche von vorne betrachet erschiene uns wegen ihrer schwachen Oberflächenhelligkeit unsichtbar. Die Expansion der Wolke in das interstellare Medium trägt möglicherweise zu der Filamentbildung bei, welche einem großem Schockfront-Phänomen gleicht. Elektromagnetische Kräfte müssen auch berücksichtigt werden. [4, 110, 115, 169]

Revised+Historic NGC/IC Version 22/9, © 2022 Dr. Wolfgang Steinicke [277]
Name RA Dec Typ bMag Dim MD Dreyer Beschreibung Identifikation, Anmerkungen
NGC 6960 20 45 42.0 +30 43 00 SNR 7.0 70 × 6 0.450 !! pB, cL, eiF, κ Cygni inv WH V 15; h 2088; GC 4600; LBN 191; Veil nebula
NGC 6974 20 51 04.0 +31 49 54 SNR 0.450 Neb *, neby cE pf GC 5975; knot in Veil nebula
NGC 6979 20 50 30.0 +32 01 36 SNR 7 × 3 0.450 vF, S, iE, sev F st f nr WH II 206; GC 4607; part of Veil nebula
NGC 6992 20 56 18.0 +31 44 30 SNR 7.0 60 × 8 0.450 !!, eF, eL, eE, eiF, bifurcated WH V 14; h 2092; GC 4616; CED 182B; Veil nebula
NGC 6995 20 57 10.0 +31 14 00 SNR 7.0 12 × 12 0.450 F, eL, neb & st in groups h 2093; GC 4618; CED 182C; Veil nebula
IC 1340 20 56 08.0 +31 02 54 SNR 25 × 20 0.450 Possibly conn with h 2093 part of Veil nebula

Wie findet man den Supernova-Überrest?

Auffindkarte Cirrusnebel (NGC 6960+)
Cirrusnebel (NGC 6960+) im Sternbild Cygnus. Karte mithilfe von SkySafari 6 Pro und STScI Digitized Sky Survey erstellt. Grenzgrößen: Sternbildkarte ~6.5 mag, DSS2-Ausschnitte ~20 mag. [149, 160]
Cirrusnebel
Cirrusnebel: Ausschnitt von etwa 5.25° aus dem STScI Digitized Sky Survey. [147]

Der Cirrusnebel ist ganz leicht zu finden. Man richtet das Fernrohr auf den Stern 52 Cygni, der sich beim östlichen Flügel des Sternbilds Sternbilds Schwan befindet. Der Stern ist 4.2 mag hell und noch gut von Auge sichtbar. Dort befindet sich der westliche Teil des Cirrusnebels NGC 6960, welcher direkt am Stern vorbei geht. Von dort kann den Nebelfetzen entlang gen Osten der gesamte Cirrusnebel erkundet werden. Zu Beginn empfiehlt es sich, ein Okular mit dem größtmöglichen Gesichtsfeld zu verwenden, um sich einen Überblick zu verschaffen. Ein O-III Filter erhöht hier stark den Kontrast zwischen Nebel und Himmelshintergrund. Bei einigen Teilen lohnt es sich, höher zu vergrößern, um mehr Struktur in den Nebelfetzen zu erkennen.

Visuelle Beobachtung

300 mm Öffnung: Mit dem Tele Vue 21 mm Ethos Okular erreicht man bei nur 1.2 Metern Brennweite ein Blickfeld von 1.75°. Mit O-III Filter bestückt, beginnend beim Stern 52 Cygni lassen so die weitläufigen Teile des Nebels auch weit ausserhalb des Blickfeldes erkunden. Der Cirrusnebel gehört zu meinen Lieblingsobjekten mit diem kurzen Newton. — 300 mm f/4 Popp-Newton, Bernd Nies

Objekte innerhalb eines Radius von 15°

Quellenangaben