Blackeye-Galaxie (Messier 64)

Messier 64
Messier 64: Blackeye-Galaxie in Coma Berenices; 500 mm Cassegrain 5800 mm f/11.4; SBIG STL11K; 60+10+10+10 min LRGB; Berner Oberland; © 2005 Radek Chromik [32]
Messier 64
Messier 64: Blackeye-Galaxie in Coma Berenices; RC 500 auf AOK Herkules V48 Montierung; SBIG STL-11000M/C2; -30 °C Chiptemperatur, R/G/B 2 x gebinnt: R 18×5 min, G 15×5 min B 14×5 min; Sternwarte Son Bi, Mallorca; © 25. – 26. 1. 2017 Beat Kohler, Stefan Meister, Hansjörg Wälchli [35]

Geschichte

Im Jahre 1779 entdeckte Johann E. Bode die Galaxie M 64. Er erkannte in ihr aber nur einen «kleinen, nebelhaften Stern». Ein Jahr später stiess Charles Messier auf dasselbe Objekt und verzeichnete es unter der Nummer 64 in seiner Liste.

Physikalische Eigenschaften

Die Struktur von M 64 ist sehr ungewöhnlich. Sie wurde von einigen als Hubble-Typ Sa und von anderen als Sb klassifiziert - irgendwie passt sie aber nicht in Hubbles einfaches Schema. Das Revised Morpholobical Galaxy Classification System ist diesbezüglich etwas detaillierter: äusserer Ring, Spirale ohne Balken, innerer Ring und S-Form, Stufe 'ab', Leuchtkraftklasse II-III ... oder kurz: (R)SA(rs)ab II-III.

Messier 64
Messier 64: Blackeye-Galaxie in Coma Berenices; 500/2500 mm Newton + SBIG ST-6; Sternwarte Bülach; © 1996 Stefan Meister

Die Spiralarme zeigen eine wunderschön feine und einheitliche Struktur ohne Spur einer Auflösung in Sternenwolken oder Nebelknoten. In der Zentralregion macht sich plötzlich eine gewaltige Staubwolke bemerkbar und fasst die ganze nördliche und östliche Seite des Zentrums ein. Dieser Staubwolke verdank die Galaxie den Namen Blackeye: Die einen sehen im Kern das Lid eines geschlossenen Auges und in der Dunkelwolke die langen, geschminkten Wimpern; für die anderen ist die Dunkelwolke eine dicke, buschige Augenbraue und der Kern das Auge, das einen anblickt. Im deutschen Sprachgebrauch bedeuted "black eye" ein "blaues Auge".

Auf Fotografien von Grossteleskopen zeigt die Staubwolke viele feine Details und bricht dann auf in eine kompliziere Region von gemischten dunklen und leuchtenden Nebeln, welche die Zentralregion umrandet. D'Arrest glaubte das Zentrum teilweise aufgelöst zu sehen, während Lord Rosse die hellen Flecken als einen nahen Sternhaufen von kleinen Sternen interpretierte.

Messier 64
Messier 64: Blackeye-Galaxie in Coma Berenices; 500 mm Cassegrain 5800 mm f/11.4; SBIG STL11K; 60+10+10+10 min LRGB; Berner Oberland; © 2005 Radek Chromik [32]
Messier 64
Messier 64: Blackeye-Galaxie in Coma Berenices; RC 500 auf AOK Herkules V48 Montierung; SBIG STL-11000M/C2; -30 °C Chiptemperatur, R/G/B 2 x gebinnt: R 18×5 min, G 15×5 min B 14×5 min; Sternwarte Son Bi, Mallorca; © 25. – 26. 1. 2017 Beat Kohler, Stefan Meister, Hansjörg Wälchli [35]

Die wahre Natur von M 64 wurde erst kürzlich entdeckt: In der Galaxie rotieren zwei unabhängige Scheiben in unterschiedlicher Richtung! Beobachtungen mit dem Very Large Array in New Mexico und dem Westerbork Synthesis Radio Telescope in den Niederlanden zeigten, dass neutraler Wassestoff in der Kernregion von M 64 andersherum rotiert als der Rest der Scheibe. Wo die beiden Scheiben sich aneinander reiben, verliert das Gas an Drehimpuls und stürzt in den Kern der Galaxie. Dieser Prozess ruft die eigenartige Struktur hervor. Er ist auch nicht stabil, sondern wird, so schätzt man, in etwa einer Milliarde Jahren enden. Zu dem Zeitpunkt wird alles Gas aus beiden Scheiben ins Zentrum gefallen sein und dort erneute Sternentstehung anregen. Es wird vermutet, dass die Galaxie eine Gaswolke, vielleicht eine kleine elliptische Zwerggalaxie, eingefangen hat. Dieses Material besass ungeordnete Bewegungen und verursachte eine konträre Rotation der inneren Scheibe. Das System stabilisierte sich über einen Zeitraum und Sterne konnten sich bilden. Solche gegenläfige Scheiben sind ässerst selten. Ein weiteres bekanntes Exemplar ist die junge elliptische Galaxie NGC 4550 im Sternbild Virgo.

Messier 64
Messier 64: Aufnahme mit dem Hubble Weltraumteleskop aus dem Jahre 2006. © ESA/Hubble & NASA [181]

Die genaue Entfernung von M 64 ist nicht präzise ermittelt worden, aber sie scheint bei ungefähr bei 20-25 Mio. Lichtjahren zu liegen. Die Rotverschiebung liegt bei 420 km/s, was etwa ein Drittel des Wertes für eine typische Galaxie des Virgohaufens ist. Der scheinbare Durchmesser von 9.2' entspräche dann 60'000 Lichtjahre. Andere schreiben M 64 eine Entfernung von 44 Mio. Lichtjahren zu, was etwa den doppelten Durchmesser zur Folge hat.

Das Licht von M 64 ist etwas gelblicher als das von vielen anden Spiralgalaxien, die integrierte Spektralklasse ist etwa G7.

— 1996, Philipp Reza Heck

Revised+Historic NGC/IC Version 22/9, © 2022 Dr. Wolfgang Steinicke [277]
Bezeichnung NGC 4826
Typ Gx (Sab)
Rektaszension (J2000.0) 12h 56m 43.8s
Deklination (J2000.0) +21° 40' 59"
Durchmesser 10 × 5.4 arcmin
Fotografische (blaue) Helligkeit 9.4 mag
Visuelle Helligkeit 8.5 mag
Oberflächenhelligkeit 12.7 mag·arcmin-2
Positionswinkel 115°
Rotverschiebung (z) 0.001361
Entfernung abgeleitet von z 5.75 Mpc
Metrische Entfernung 5.340 Mpc
Dreyer Beschreibung ! vB, vL, vmE 120° ±, bMSBN
Identifikation, Anmerkungen M 64, UGC 8062, MCG 4-31-1, CGCG 130-1, KARA 559, IRAS 12542+2157, Black Eye galaxy

Wie findet man die Blackeye-Galaxie?

Auf das eher kleine und unscheinbare Sternbild Coma Berenices wird man meistens durch den Coma Haufen aufmerksam. Von blossem Auge erkennt man zwischen den Sternbildern Leo und Bootes einen relativ grossflächigen (300' Durchmesser) offenen Sternhaufen, den Coma Haufen.

Glücklicherweise befindet sich die Blackeye Galaxie in der Nähe eines hellen Sterns, dem 5.1-m Stern 35 Com. Sie ist also unter mittleren Bedingungen auch ohne Sucherfernrohr ziemlich gut zu lokalisieren.

35 Com liegt zwischen Alpha Com und dem Coma Haufen (siehe Auffindkarte). Ein knappes Grad nordöstlich von 35 Com findet man schliesslich Messier 64. Besonders mit einem langbrennweitigem Weitwinkelokular ist die Galaxie schnell gefunden, hat man mal 35 Com eingestellt.

Auffindkarte Blackeye-Galaxie (Messier 64)
Blackeye-Galaxie (Messier 64) im Sternbild Coma Berenices. Karte mithilfe von SkySafari 6 Pro und STScI Digitized Sky Survey erstellt. Grenzgrößen: Sternbildkarte ~6.5 mag, DSS2-Ausschnitte ~20 mag. [149, 160]

Visuelle Beobachtung

200 mm Öffnung: Im langbrennweitigen Weitwinkelokular, welches Sie vorzugsweise zum Auffinden des Objekts verwendet haben, präsentiert sich die Galaxie in ihrer gesamten Ausdehnung und ihrer Helligkeit - gehört sie doch zu den 12 hellsten Galaxien am Himmel. Die Grösse und Form lassen sich so auch gut erkennen.

Das grosse, dunkle Staubband, das eigentliche Blackeye, zeigt sich in mittleren Amateurteleskopen bei höherer Vergrösserungen besonders deutlich. Das langbrennweitige Okular sollte deshalb nach und nach gegen ein kurzbrennweitigeres ausgewechselt werden. Mit meinem 20cm Schmidt-Cassegrain Teleskop zeigte sich das Blackeye bei 226facher Vergrösserung besser als bei 135-facher. Der beste Kontrast ergibt sich bei dieser Öffnung wahrscheinlich bei 150- bis 200fach, je nach Sichtbedingungen. Um das Blackeye gut zu sehen, ist es ratsam auch bei der Verwendung eines kleinen Teleskops stark zu vergrössern.

Bei optimaler Vergrösserung ist der Anblick der Blackeye-Galaxie traumhaft schön. Meiner Meinung nach, zählt sie mit der Sombrero-Galaxie und NGC 4565 zu den schönsten extragalaktischen Objekten, die ich bis jetzt beobachtet habe.

— 1996, Philipp Reza Heck

Messier 64
Messier 64: EAA, entspricht in etwa visuellem Eindruck; 30" SlipStream-Dobson f/3.3 + MallinCam Videokamera; ca. 3s; Hasliberg; © 14. 3. 2012 Pierre Schmid, Eduard von Bergen [29]

762 mm Öffnung: Der visuelle Eindruck lässt sich ungefähr mit einer MallinCam Videokamera und einer Integrationszeit von etwa drei Sekunden reproduzieren. Verwendet wurde ein nachgeführtes 30" f/3.3 SlipStream-Dobson. Das entstandene Bild kommt dem visuellen Sehen mit einem 13 mm Tele Vue Ethos Okular sehr nahe.

— 14. 3. 2012, Eduard von Bergen

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Quellenangaben