Sternbild Lyra (Leier)

Lyra
Lyra: IAU Sternbildkarte [150]

Eigenschaften

Das Sternbild liegt zwischen Cygnus und Hercules. Lyra ist mit 286 Quadratgrad Fläche ein kleines, aber auffälliges und einprägsames Sternbild, besitzt es doch den fünfthellsten Stern Wega, der zusammen mit Atair (α Aquilae) und Deneb (α Cygni) das Sommerdreieck bildet. Südöstlich von Wega befindet sich ein markantes Parallelogramm aus vier Sternen. Nördlich davon steht der Vierfachstern ε12 Lyrae, dessen beiden um 208" getrennten Doppelkomponenten in einer klaren, ruhigen Nacht von bloßem Auge getrennt werden können und somit als ein guter Test für die Sehschärfe dienen. Im Fernrohr entpuppen sich die beiden Doppensterne wiederum als Doppelsterne, welches ein Vierfach-Sternsystem ergibt. Das Zentrum des Sternbilds kulminiert jeweils etwa am 2. Juli um Mitternacht. [9, 15]

Sterne mit Eigennamen [154]
α Lyr Vega, Wega, Fidis, Harp Star
β Lyr Sheliak, Shelyak, Shiliak
γ Lyr Sulafat, Sulaphat
η Lyr Aladfar
μ Lyr Alathfar, Al Athfar
Daten für das Sternbild Lyra [150]
IAU NameLyra
IAU GenitivLyrae
IAU KürzelLyr
Deutscher NameLeier
Opposition2. Juli
Saison (47° N)Februar … Dezember
Rektaszension18h 13m 52s … 19h 28m 29s
Deklination+25° 39' 51" … +47° 42' 52"
Fläche286 deg2
Nachbarn (N↻)Dra, Her, Vul, Cyg

Deep-Sky Objektbeschreibungen

Kataloge

Mythologie und Geschichte

In der griechischen Mythologie war Hermes der Sohn des Zeus. Er trug einen Flügelhut und Flügelschuhe. Er war der Beschützer der Händler und Diebe und der Meister in jeder Kunst der Täuschung. Er war es, der die Leier erfand. Er war noch ein Kind, da sah er eine Schildkröte im Grase weiden. Er trug sie nach hause, weidete sie aus, nahm ihren Panzer, zog eine Rindshaut darüber, spannte sieben Saiten aus Schafsdarm über einen Steg und ließ sie ertönen.

Diese Leier kam später in den Besitz von Apollon, der sie schließlich an seinen Sohn Orpheus weitergab, der ein gewaltiger Sänger war und um Eurydike werben wollte. Hymenaeus, der Gott der Vermählung, kam um die beiden zu trauen, doch schlechte Vorzeichen ließen die Zukunft dunkel erscheinen. Als die jungvermählte Eurydike im Garten spazierenging, wurde sie von einer Schlange gebissen, sank zusammen und starb.

Sternbild Lyra
Sternbild Lyra: Illustration aus «Uranometria» von Johann Bayer, Kupferstich von Alexander Mair, 1603 [28]

Orpheus stieg in die Unterwelt herab, spielte dabei auf seiner Leier und sang dazu. Er wollte seine Gattin wieder ins Leben zurückholen. Er drang durch die Scharen luftiger Gebilde und die Schemen jenseits des Grabes vor bis zu Hades, dem Beherrscher der Unterwelt. Orpheus sang vom Unrecht des Todes seiner Gattin und erbat deren Freilassung. Während er so zum Klang seiner Saiten sang, begannen die blutlosen Seelen zu weinen, Tantalos schnappte nicht mehr nach entweichendem Wasser, Ixions Rad stand still, an Tityos Leber hackten nicht mehr die Geier, keine Krüge trugen die Danaiden und Sisyphos ruhte auf seinem Felsblock aus. Damals, so kündet die Sage, netzten zum ersten Mal Tränen die Wangen der Furien, weil das Lied sie rührte. Weder Hades' Gattin Persephone noch er selbst vermochten dem Flehenden seine Bitte abzuschlagen. Sie riefen Eurydike. Diese weilte bei den erst kürzlich gekommenen Schatten und ging wegen der Wunde langsamen Schrittes einher. Orpheus nahm sie bei der Hand und erhielt zugleich die Weisung, nicht eher die Augen zu wenden, als bis er das Tal der Toten verlassen habe, sonst sei das Geschenk widerrufen.

Orpheus und Eurydike erklommen stillschweigends den steilen Pfad hinauf zur Oberwelt, denn er war in der dichten, pechschwarzen Finsternis nur schwer zu finden. Schon waren sie nicht mehr weit von der Grenze der Oberwelt entfernt, doch Orpheus konnte die Schritte seiner Gattin nicht mehr höhren. Da drehte er sich um aus Angst, sie könnte schon entwunden sein. Doch da stand Eurydike, schöner denn zuvor. Während sie entschwand, streckte sie ihre Arme aus, voll Sehnsucht, Orpheus zu umarmen und umarmt zu werden, aber die Unglückliche greift nur in die entweichenden Lüfte. Als sie so zum zweitenmal starb, ließ sie kein Wort der Klage über ihren Gatten vernehmen - worüber hätte sie auch klagen können als über seine Liebe zu ihr? Sie hauchte ein letztes Lebewohl, seinen Ohren kaum mehr vernehmlich, und sank dorthin zurück, woher sie gekommen war. [20, 69]

Nach einer anderen Sage ist die Leier etwa in den Jahren 600 vor Christus im Besitz des griechischen Lyrikers Arion aus Lesbos gewesen. Auch er hat es verstanden, sein Instrument auf unnachahmliche Weise zu spielen.

Der Erzählung entsprechend wird das Sternbild Leier, Lyra, Cithara (viersaitige Zither), Orphei, Orphica, Mercurialis, Mercurii genannt. An Hermes' (Merkurs) Bastelarbeit, bei der er einen Schildkrötenpanzer mit Rindshaut abdeckte und Darmsaiten darüber spannte, erinnern auch die Namen Marina (dem Meer entstiegen), Testudo (Deckeltier, Schildkröte) und Belua aqatica (Wassertier). [20] Das Sternbild wurde auch als Adler oder Geier gedeutet. [7]

Quellenangaben

  • [7] «Der grosse Kosmos-Himmelsführer» von Ian Ridpath und Wil Tirion; Kosmos Verlag; ISBN 3-440-05787-9
  • [9] «Drehbare Sternkarte SIRIUS» von H. Suter-Haug; Hallwag-Verlag, Bern
  • [15] «Hartung's Astronomical Objects for Southern Telescopes» by David Malin and David J. Frew; Melbourne University Press 1995; ISBN 0-522-84553-3
  • [20] «Sternbilder und ihre Mythen» von Gerhard Fasching; Zweite, verbesserte Auflage; Springer Verlag Wien, New York; ISBN 3-211-82552-5 (Wien); ISBN 0-387-82552-5 (New York)
  • [28] «Uranometria omnium asterismorum continens schemata, nova methodo delineata aereis laminis expressa» Johann Bayer, Augsburg, 1603; DOI:10.3931/e-rara-309
  • [69] The Starry Sky: Lyra by Deborah Byrd; Astronomy 6/94, p.51
  • [150] IAU: The Constellations, 11. Oktober 2020; iau.org/public/themes/constellations
  • [154] Yale Bright Star Catalog, 15. Oktober 2020; tdc-www.harvard.edu/catalogs/bsc5.html