Medusanebel (Abell 21)

Abell 21
Abell 21: Medusanebel; 500 mm Cassegrain f=5800 mm f/11.4; SBIG STL11K; 120+20+20+20 min LRGB; Berner Oberland; © 2005 Radek Chromik [32]

Geschichte

Der Medusanebel wurde anfangs der 50er-Jahre von George O. Abell auf den Fotoplatten des «Palomar Observatory Sky Survey» (POSS) entdeckt und als 21. Objekt in seinem Katalog verzeichnet. Wenige Monate später spürte ihn H. M. Johnson unabhängig von Abell während seiner «Survey of Symmetric Galactic Nebulae» auf. Da das Aussehen dieses Nebels einer Qualle mit schlängelnden, feinen Filamenten ähnelt, erhielt er den Namen «Medusa».

Physikalische Eigenschaften

Zuerst wurde der Nebel wegen seiner Ausdehnung und geringen Leuchtkraft verständlicherweise als Supernova-Überrest (SNR) identifiziert. Sein Aussehen, besonders die filamentartige Struktur der scheinbaren Halbschale, sieht einem SNR sehr ähnlich, weshalb er zuerst gar nicht in Perek & Kohouteks «Catalogue of Galactic Planetary Nebulae» aufgenommen wurde. Eine Messung der Expansionsgeschwindigkeit des Nebels ergab jedoch einen für einen SNR zu niedrigen Wert, welcher aber eher dem eines PN entsprach. Außerdem wurde auch keine Postsupernova, ein Neutronenstern, gefunden. Die chemische Zusammensetzung, welche aufgrund einer Spektralanalyse des emittierten Lichts gewonnen wurde und die physikalischen Bedingungen im Nebel ließen ebenfalls auf einen PN schließen. Eine Interpretation der analysierten Messungen ergab, dass der Nebel vermutlich vor rund 6800 Jahren aus einem massiven Stern entstand. Die Entfernung beträgt etwa 790 Lichtjahre. Das Spektrum des Nebels zeigt eine schwächere Emission im O-III als gewöhnlich, denn H-alpha ist etwa 1.7-mal so stark. [94]

Der Medusanebel ist ein großer planetarischer Nebel von etwa einem drittel Vollmonddurchmesser. Die visuelle Helligkeit beträgt 10.3 und die Oberflächenhelligkeit 15.3 Magnituden. Der Zentralstern ist mit knapp 16 mag sehr schwach.

«Strasbourg-ESO Catalogue of Galactic Planetary Nebulae» Acker et al., 1992 [141]
Bezeichnungen PN G205.1+14.2: A 21, PK 205+14.1, A55 16, A 21, ARO 388, Sh 2-274, YM 29
Rektaszension (J2000.0) 07h 29m 03s
Deklination (J2000.0) +13° 14' 30"
Abmessungen 615." (optisch)
Expansionsgeschwindigkeit 64. (O-III) 90. (N-II) km/s
Z-Stern Bezeichnungen AG82 82, CSI +13 -07262, UBV 7228
Z-Stern Magnitude U: 14.41, B: 15.67, V: 15.99
Entdecker JOHNSON et al 1971
Abell 21 + NGC 2395
Abell 21 + NGC 2395: Ausschnitt aus STSCI Digitized Sky Survey. Hier könnte Dein Foto stehen. [160]

NGC 2395

Dieser lose offene Sternhaufen wurde von Wilhelm Herschel am 16. März 1784 mit seinem 18,7-Zoll-Teleskop entdeckt und als VIII 11 katalogisiert. Er notierte lediglich: «Ein Haufen von verstreuten Sternen.» Dreyer fügte den Haufen im Jahr 1888 als NGC 2395 hinzu. [313, 463]

NGC 2395 ist ein kleiner, relativ armer offener Sternhaufen, in dem nur 30 Sterne gezählt wurden. Er fällt nur durch seine etwas höhere Sternendichte im Vergleich zu seiner Umgebung auf. Der Durchmesser dieser Kompression beträgt etwa 12 Bogenminuten und die hellsten Sterne erreichen 9,96 Magnituden. Die Entfernung wird auf 512 pc geschätzt und das Alter auf 1.17490 × 109 Jahren. [138]

Revised+Historic NGC/IC Version 22/9, © 2022 Dr. Wolfgang Steinicke [277]
Bezeichnung NGC 2395
Typ OCL (III1p)
Rektaszension (J2000.0) 07h 27m 12.8s
Deklination (J2000.0) +13° 36' 30"
Durchmesser 15 arcmin
Visuelle Helligkeit 8.0 mag
Metrische Entfernung 0.071 kpc
Dreyer Beschreibung Cl, pRi, C
Identifikation, Anmerkungen WH VIII 11; GC 1534; OCL 502

Wie findet man die kosmische Qualle?

Der Medusanebel befindet sich zwischen den Sternbildern Canis Minor und Gemini und kann in den Monaten Oktober bis April am besten beobachtet werden. Es gibt zwei einfache Methoden, den Medusanebel aufzufinden. Bei beiden ist ein O-III Filter und ein Okular mit mindestens einem Grad Gesichtsfeld von Vorteil.

Die erste Methode ist die mit dem Telrad-Finder, mit dessen das Teleskop anhand unten stehender Abbildung ausgerichtet wird. Der Medusanebel liegt etwa ein halbes Grad südöstlich vom kleinen offenen Sternhaufen NGC 2395.

Die zweite Methode funktioniert nur bei äquatorial aufgestellten Teleskopen. Man stellt den Stern Gomeisa (β CMa) ein, sodass dieser am westlichen Gesichtsfeldrand zu liegen kommt. Dann arretiert man die Stundenachse und bewegt das Teleskop etwa fünf Grad in Deklination nach Norden. Entweder stößt man zuerst auf den Medusanebel oder den offenen Sternhaufen NGC 2395. Der Medusanebel besitzt auf etwa vier Minuten weiter östlich genau die gleiche Rektaszension wie der Stern Gomeisa.

Auffindkarte Medusanebel (Abell 21)
Medusanebel (Abell 21) im Sternbild Gemini. Karte mithilfe von SkySafari 6 Pro und STScI Digitized Sky Survey erstellt. Grenzgrößen: Sternbildkarte ~6.5 mag, DSS2-Ausschnitte ~20 mag. [149, 160]

Visuelle Beobachtung

300 mm Öffnung: Mittels O-III Filter ist dieser große planetarische Nebel bei geringer Vergrößerung gut zu finden. Der Nebel ist bei direkter Sicht gut erkennbar. Wenn man leicht daran vorbei schaut, tritt die sichelförmige Form deutlicher hervor. — 300 mm f/4 Popp Newton, 1996, Bernd Nies

400 mm Öffnung: Ohne O-III Filter ist von Abell 21 an unserem lichtverseuchten Himmel keine Spur zu entdecken. Mit O-III Filter zeigt sich im 21 mm Ethos Okular ein grossflächiger, halbrunder Nebel, dessen Form bei indirekter Sicht noch deutlicher erkennen lässt. Im 13 mm Ethos erscheint er so gross, dass man nicht mehr vorbei schauen kann um mehr zu sehen. — 400 mm f/4.5 Taurus Dobsonian, Hasliberg, 16. 12. 2023, SQM 21.2, Bernd Nies

762 mm Öffnung: Der Medusa-Nebel Abell 21 gibt sich kontrastreich als dickes C bzw. in Mondsichelform mit viel Struktur. Sein kontrastreiches Erscheinen für ein solch eher schwaches Objekt erstaunt. — 30" f/3.3 SlipStream Dobsonian, Hasliberg, 16. 12. 2023, SQM 21.38, Eduard von Bergen

Objekte innerhalb eines Radius von 15°

Quellenangaben

  • [32] Astrofotografie by Radek, Bernie and Dragan; sternwarte.ch
  • [94] Objekte der Saison: PK 205+14.1 von Ronald C. Stoyan; Interstellarum1/96, S.54
  • [138] WEBDA, A site Devoted to Stellar Clusters in the Galaxy and the Magellanic Clouds; webda.physics.muni.cz
  • [141] Strasbourg-ESO Catalogue of Galactic Planetary Nebulae; A. Acker, F. Ochsenbein, B. Stenholm, R. Tylenda, J. Marcout, C. Schohn; European Southern Observatory; ISBN 3-923524-41-2 (1992); Bibcode:1992secg.book.....A; cdsarc.unistra.fr/viz-bin/cat/V/84
  • [149] SkySafari 6 Pro, Simulation Curriculum; skysafariastronomy.com
  • [160] The STScI Digitized Sky Survey; archive.stsci.edu/cgi-bin/dss_form
  • [277] «Historische Deep-Sky Kataloge» von Dr. Wolfgang Steinicke; klima-luft.de/steinicke (2021-02-17)
  • [313] «A New General Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars, being the Catalogue of the late Sir John F.W. Herschel, Bart., revised, corrected, and enlarged» Dreyer, J. L. E. (1888); Memoirs of the Royal Astronomical Society. 49: 1–237; Bibcode:1888MmRAS..49....1D
  • [463] «Catalogue of one thousand new nebulae and clusters of stars» William Herschel, Philosophical Transactions of the Royal Society of London, 1 January 1786; DOI:10.1098/rstl.1786.0027